"Das Jahr ist alt - es ist vollbracht.
Wir wandern in der dunklen Nacht.
Es ist viel geschehen und vieles versäumt,
wir haben es uns weggeträumt.
Nun ruht sich die Welt unter der Schneedecke aus.
Verzaubert spiegelt sich die Sternennacht,
die Welt verwandelt sich in die Weihnachtspracht."
Jeanne Ruland in:
"Advents- und Weihnachtsrituale -
Warten auf das Licht des neuen Morgens"
21/12/2018
Ganz allmählich – Schritt um Schritt – verabschiedet sich nun das alte Jahr. Fast ist es vollbracht und nur noch wenig ist zu tun und liegt vor uns. Die Natur kommt nun deutlich zur Ruhe und zieht sich spür- und sichtbar zurück, die Tage werden kürzer und die Nächte länger bis mit der Julnacht am 21. auf den 22. Dezember die längste und dunkelste Nacht die Wintersonnenwende markiert.
Es ist eine besondere Zeit, die uns zur Stille, Innenschau und Reflexion einlädt. Es ist auch die Zeit für gemütliche Teestunden oder lange Spaziergänge durch die Winterlandschaft, da wo Frost und Schnee schon Einzug gehalten haben, Zeit für Kerzenschein und Plätzchenduft und Vieles mehr. Auch viele altbekannte Traditionen und Rituale finden ihren Platz in dieser Zeit. So bieten auch die traditionellen „Rauhnächte“ eine gute Gelegenheit, diese besondere Zeit im Advent ganz bewusst zu erleben: das alte Jahr noch einmal würdigend, dankend und auch versöhnlich betrachten, loslassen und verabschieden, gleichzeitig den Blick nach vorn auf das kommende neue Jahr richten, persönliche Wünsche formulieren, anstehende Aufgaben ins Auge fassen und neue Wege ausloten und all diesen Gedanken angemessenen Raum und Zeit im sich rundenden Jahr zuweisen.
Die geheimnisvollen und zauberhaften „Rauhnächte“ zwischen Weihnachten und Dreikönig stehen traditionell für eine Zeit der Reinigung, des Wandels und des Neubeginns. Auch in unserer modernen, oft von Stress und Hektik belasteten Welt, können die alten Rituale uns dazu anregen, in der Stille und mit Bedacht und Ruhe gewisser-maßen „Rechenschaft“ über das alte Jahr abzulegen und uns Schutz und Segen für das neue Jahr zu wünschen.
Die Zeit „zwischen den Jahren“, insbesondere die zwölf Nächte zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar gelten in vielen Regionen seit langer Zeit als magisch und geheimnisvoll. Es ist eine Zeit, in der die trennende Barriere zwischen dem Diesseits und Jenseits besonders dünn und transparent ist, in der Chaos mit Ordnung kämpft und von alters her wilde Geister und Dämonen durch die Lande und vor allem durch unsere Traumnächte ziehen. Es ist eine Zeit des Wandels und Neubeginns, der Reinigung, der Besinnung und Orientierung.
Die „Rauhnächte“ sind sog. Losnächte. Dabei bedeutet der Begriff „Los“ so viel wie „vorhersagen“. Allem, was an diesen Tagen geschah, wurde eine besondere Bedeutung zugeschrieben, auch scheinbar unwichtigen Ereig-nissen: ob es Probleme gab, besondere Überraschungen, Begegnungen, die sich ergaben, ob die Tage friedlich und harmonisch verliefen, selbst das Wetter, und manch anderes mehr. Wer sich darauf verstand, konnte die kommenden, dazugehörigen Monate im Voraus deuten und darüber hinaus durch eine planvolle und überlegte Reflexion das kommende Jahr kreativ selbst mitgestalten und beeinflussen.
Jeder Tag bzw. jede Nacht der „Rauhnächte“ steht also repräsentativ für einen Monat bzw. einen Mond im kommenden Jahr, und jede Rauhnacht birgt somit einen speziellen Samen in sich. Wenn wir ihn mit Achtsamkeit einbetten und sorgsam pflegen mit der Kraft der Intention, lenken wir damit unsere Aufmerksamkeit auf bestimmte Vorhaben im kommenden Jahr, in dem wir dann die Früchte für unser heutiges Tun ernten dürfen.
Um Haus und Ställe von schlechten Energien zu reinigen und Mensch und Tier vor Unheil zu schützen, werden in ländlichen Gegenden auch heute noch in diesen zwölf Nächten Heilpflanzen und Harze verräuchert und in Räucherschalen in jeden Winkel des Hauses getragen. Individuelle Gebete oder Gesänge verstärken dabei die Schutzwirkung des Rauches. Die Träume dieser „Rau(c)hnächte“ wollen Auskunft geben über die kommenden Monate und enthalten Botschaften oder geben Antworten auf schwierige Lebensfragen. Dabei steht jede Nacht jeweils für einen Monat. Es lohnt sich, diese Träume aufzuschreiben.
Eine besondere und zusätzliche „Rauhnacht“ stellt übrigens für viele, auch für mich, die Julnacht dar, mit der ich persönlich die „Rauhnächte“ einläute. Als Räucherwerk verwende ich in dieser Nacht vorzugweise Salbei mit seiner stark reinigenden Energie, sowohl auf Körper- als auch auf Seelenebene.
Auch in unserer modernen Welt können wir noch heute die mystische Zeit „zwischen den Jahren“ für persönliche Räucher-Rituale nutzen, uns Schutz für unsere Liebsten wünschen, uns über das vergangene Jahr Rechenschaft ablegen und uns auf das neue Jahr vorbereiten. Das bedachte Räuchern hilft dabei dem Menschen, aus dem oft schnell drehenden Hamsterrad des Alltags etwas herauszutreten, sich auf sich selbst zu besinnen und seine Gedanken konzentriert zu bündeln.
Etwas Vorbereitung auf diese besondere Zeit kann dabei nicht schaden und hilft der Entlastung und „Reinigung“ auf energetischer Ebene. Möglichkeiten dafür sind z.B.:
Um die Rückschau und Reflexion zu fördern, sind folgende Fragen hilfreich:
Zur Vorbereitung auf das Räuchern werden bestimmte Utensilien benötigt, die man sich im Vorfeld zurecht legen sollte. Räuchern kann man in Räucherschalen auf Kohle oder Sand oder auch auf ganz einfache Weise über einem Räuchergefäß mit einem aufgelegten Sieb. Dafür eigenen sich viele verschiedene Heilpflanzen oder Harze, z.B.:
Salbei: hat eine starke Reinigungskraft
Kampfer: löscht alte Informationen im Haus
Angelikawurzel: erhellt die Raumschwingung
Weihrauch: bringt Segen und erhöht die Energie
Wacholder: vertreibt negative Einflüsse
Myrrhe: desinfiziert, klärt reinigt und gibt Ruhe
Myrte: sorgt für Klarheit, Reinheit und bringt Frieden
Thymian: reinigt und stärkt die Energie
Styrax: gibt Wärme und Geborgenheit, öffnet für die Liebe
Anregungen für Rituale in den Rauhnächten:
Ich wünsche Ihnen viel innere Ruhe und Ausgeglichenheit für die restliche Adventszeit und die Zeit der Rauhnächte, ein gesegnetes und friedvolles Weihnachtsfest und ein glückliches neues Jahr, reich an körperlicher, seelischer und geistiger Gesundheit.
Literaturhinweis: Die Anregungen zu diesem Textbeitrag stammen u.a. aus den wunderschönen Büchern von Jeanne Ruland, die mich seit Jahren begleiten: „Das Geheimnis der Rauhnächte – ein Wegweiser durch die zwölf heiligen Nächte“ und „Advents- und Weihnachtsrituale – Warten auf das Licht des neuen Morgens“.