Praxis Herzberg AM
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Goldene Herbstzeit

"Es gibt eine Stille des Herbstes

bis in die Farben hinein."

 

(Hugo von Hofmannsthal)

 

 

 

 

 

01/09/2018

 

Nach einem außergewöhnlich anhaltend heißen und trockenen Sommer starten wir heute mit dem ersten Septembertag in den meteorologischen Herbst – und es passt alles dazu.

 

Die Stimmung heute nach dem Erwachen ist eine ganz andere als in den vergangenen Wochen und Tagen...

Mit allen Sinnen kann man ihn spüren, den Herbst. Nach einer durchregneten Nacht ist es angenehm kühl, klar und frisch draußen, die Farben der letzten Blüten im Garten leuchten besonders intensiv. Beim Öffnen der Fenster kann man ihn deutlich riechen – den besonderen Herbstduft, ein bisschen süßlich und herb und schwer zugleich. Die Stille ums Haus, nachdem die Störche den luftigen Hochsitz endgültig verlassen und anscheinend auch die Schwalben sich bereits von den zahlreichen Nestern unterm Dach verabschiedet haben, wirkt fast ein wenig mystisch.

 

Es ist Samstag und Zeit für Ruhe und Innenschau – was für ein besonderes und kostbares Geschenk!

Ereignisse, Gedanken, Erinnerungen an die zurückliegende Zeit ziehen vorbei und verwischen – wie die dichten Dunstschlieren über dem nahen See, die sich mit den ersten Sonnenstrahlen des Tages auflockern und schließlich in Nichts auflösen werden. Ganz langsam, fast unmerklich und doch unaufhaltsam verändert sich das Bild des Tages – ohne scharfe Kontraste, sondern wattig weich ist diese Stimmung – im Außen wie im Innen – nichts lässt sich festhalten, alles fließt  - einer neuen Zeit entgegen. Es ist gut, dass es so ist, dass wir es nicht aufhalten können, aber aufmerksam wahrnehmen, was geschieht, mit aller gebührenden Achtsamkeit und uns darauf vorbereiten und dafür öffnen, was gehen und kommen will und darf – auch für uns selbst.

 

Beim Vorbeiziehen der Gedanken kommt mir wie von selbst eines meiner Lieblingsgedichte von Rilke in den Sinn – sein „Herbsttag“. Wie könnte es auch anders sein, ist der Herbst doch von jeher meine liebste Jahreszeit, wahrscheinlich weil ich eben selbst auch ein Herbstkind bin. Auch der Dichter lässt in seinen Worten die Jahreszeiten fließen, sein Rückblick auf das Vergangene und sein Ausblick nach vorn - dazwischen der Augenblick gerade jetzt – dieser besondere und kostbare Moment zwischen Ein- und Ausatmen - einfach „sein“.

 

 

„Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.

Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,

und auf den Fluren lass die Winde los.

 

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;

gib ihnen noch zwei südlichere Tage,

dränge sie zur Vollendung hin und jage

die letzte Süße in den schweren Wein.

 

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.

Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,

wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben

und wird in den Alleen hin und her

unruhig wandern, wenn die Blätter treiben. „

 

(Rainer Maria Rilke)

 

"Der Herbst ist des Jahres schönstes farbiges Lächeln."

 

(Willi Meurer)

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